Die Uni zieht ins Untere Schloss
„Die Errichtung des ‚Campus Siegen Altstadt’ ist eine Jahrhundertchance, die Siegen nachhaltig verändern wird! Es macht in der Außenwahrnehmung einen Unterschied, ob man ein Behördenhaus oder eine Universität in einem Schloss im Stadtzentrum hat. Aktuell bindet die Universität rund 20.000 Studierende und Mitarbeiter an Siegen. Die Innenstadt nun mit 3.500 jungen Menschen zu beleben heißt, Siegen ein junges Gesicht zu geben. Und mit diesem Gesicht wird Siegen dann regional und überregional mit einem neuen Image wahrgenommen werden!“ In dieser Einschätzung sind sich Landrat Paul Breuer und Bürgermeister Steffen Mues völlig einig.
Am 9. Februar 2012 werden die Ausschüsse für Wirtschaft und Regionalentwicklung des Kreises Siegen-Wittgenstein und für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung, Stadthallen und Liegenschaften der Stadt Siegen gemeinsam über die Ansiedlung der Universität in der Siegener Innenstadt beraten. Im Vorfeld haben Breuer und Mues jetzt noch einmal die Bedeutung der Umnutzung des Unteren Schlosses und des angrenzenden Kreisklinikum-Gebäudes für universitäre Nutzung und die damit verbundenen Chancen deutlich gemacht.
Die Gremien des Kreises und der Stadt Siegen werden in den nächsten Wochen über die nun anstehenden Fragen beraten und entscheiden. Grundlage ist eine Vereinbarung, die die Universität, der Kreis Siegen-Wittgenstein, die Stadt Siegen und die Sparkassenstiftung Zukunft jetzt getroffen haben, in Erweiterung einer Vereinbarung aus dem September 2009. Damals war lediglich angedacht, das Untere Schloss für eine universitäre Nutzung umzubauen. Dieses Projekt hat sich inzwischen aber erfreulicherweise zum „Campus Siegen Altstadt“ weiterentwickelt und umfasst nun das Untere Schloss, das „Haus Siegen“ des Kreisklinikums in der Kohlbettstraße und ein neues Hörsaalgebäude, das auf einer Freifläche am Kreisklinikum entstehen wird.
Eine privatrechtliche Projektgesellschaft zur Förderung der Siegener Altstadt hat sich bereit erklärt, vom Kreisklinikum das „Haus Siegen“ zu kaufen und dort für die Universität auf rund 3000 m² (Quadratmeter) Hauptnutzfläche Büro- und Seminarräume zu errichten. Außerdem wird eine Cafeteria (230 m²) integriert. Hinzu kommen Studentenwohnungen und Übernachtungsmöglichkeiten für Universitätsgäste (ca. 2.600 m²). Diese Räume werden von der Projektgesellschaft langfristig an die Universität beziehungsweise an Studenten vermietet. Die nicht von der Universität beziehungsweise für studentisches Wohnen genutzten Flächen werden auch künftig für medizinische Zwecke verwendet, unter anderem. von derzeit bereits ansässigen Mietern. Für die Räumlichkeiten des Aktiven Museums gibt es seitens der Projektgesellschaft die Zusage, dass diese auf Dauer weiterhin kostenlos genutzt werden können und darüber hinaus noch zusätzliche Räume zur Verfügung gestellt werden.
Gleichzeitig wird auf noch vorhandenen Freiflächen auf dem Klinikumsgelände ein neues Hörsaalgebäude errichtet, welches dann von der Universität gekauft wird. „Mit dem Kauf setzen wir ein deutliches Signal, dass die Universität auf Dauer in der Siegener Innenstadt präsent sein will“, unterstreicht Rektor Prof. Dr. Holger Burckhart.
Um den Weg für den „Campus Siegen Altstadt“ freizumachen, muss die Stadt auf einen entschädigungspflichtigen Rückübertragungsanspruch beziehungsweise eventuellen Entschädigungsanspruch an dem Kreisklinikumsgebäude in der Kohlbettstraße verzichten. Dieser ist in einem Vertragswerk aus den Jahren 1980/1992 für den Fall festgeschrieben, dass der Kreis in dem Gebäude kein Krankenhaus mehr betreiben wird. Allerdings kann der Rückübertragungsanspruch entfallen, wenn das Gebäude für „andere gemeinnützige und öffentliche Zwecke“ genutzt wird. „Die Vorteile und Perspektiven, die sich durch das Gesamtprojekt des Umzugs von Universität und Studenten ins Untere Schloss und ins ‚Haus Siegen’ ergeben, stellen eine so einzigartige städtebauliche und stadtentwicklungspolitische Chance für die Stadt dar, dass wir unter Abwägung aller Gesichtspunkte dem Rat vorschlagen werden, eventuell bestehende Ansprüche nicht geltend zu machen. Zumal eine öffentliche bzw. gemeinnützige Nutzung, wenn auch durch einen privaten Investor ermöglicht, vorliegt“, betont Steffen Mues.
Zugleich kommt der Kreis aber auch der Sozialbindung aus der Vereinbarung in vollem Umfang nach, indem er am Standort des Kreisklinikums in Weidenau rund 31,7 Mio. Euro investiert. Dort werden die medizinischen Angebote des „Hauses Siegen“ vollständig mit integriert. Zugleich entsteht für die Patienten eine optimale medizinische Versorgung mit kurzen Wegen unter einem Dach. Der Erlös des Gebäudeverkaufs in der Siegener Oberstadt an die Projektgesellschaft wird voll in diese Investition einfließen, unterstreicht Breuer.
Die Kosten für den Umbau des Unteren Schlosses werden komplett vom Land getragen. Nun müssen die Kreis- und Stadtgremien darüber befinden, dass die zugesagten regionalen Mittel für den Umbau des Unteren Schlosses, die dafür nicht mehr benötigt werden, umgewidmet werden. Sie stehen der Uni nun für den Kauf des neuen auch von der Öffentlichkeit genutzten Hörsaalgebäudes zur Verfügung. „Die Bürgeruniversität im Herzen der Region“, bringt der Landrat die Idee auf den Punkt. Insgesamt haben Kreis, Stadt und Sparkassenstiftung dafür 1,96 Mio. Euro zugesagt. In diesem Zusammenhang danken die Projektbeteiligten auch besonders der Sparkasse Siegen, die mit dem Engagement ihrer Sparkassenstiftung Zukunft einen wesentlichen Beitrag zum Zustandekommen des Vorhabens „Campus Siegen Altstadt“ leistet und damit ein außergewöhnliches Signal regionaler Verbundenheit setzt.
Die Errichtung des „Campus Siegen Altstadt“ setze Entwicklungsimpulse, die Siegen mittelfristig stark verändern werden, unterstreichen Breuer und Mues. „In der Altstadt wird eine studentische Dienstleistungs-, Geschäfts- und Kneipenszene entstehen. Die gefühlte Trennlinie zwischen Oberstadt und Bahnhofstraße wird verschwinden. Das sind Entwicklungsperspektiven für die nächsten 25 Jahre, für die wir heute die Grundlagen schaffen“, so Steffen Mues. Und weiter betont der Bürgermeister: „Siegen wird mit dem Campus rund um das Untere Schloss in wesentlich stärkerem Maße als Universitätsstadt wahrgenommen, nicht nur bei der eigenen Bevölkerung, sondern auch bei den Studierenden und Lehrenden in ganz Deutschland. Das ist auch unter dem Gesichtspunkt der demografischen Entwicklung ein Anker in die Zukunft, und zwar für die Stadt und die Region und schafft Perspektiven für unsere Wirtschaft.“
Bürgermeister und Landrat betonen, dass die Chancen, die sich durch den „Campus Siegen Altstadt“ für die Entwicklung der Stadt und der Region bieten, noch nicht von allen gesehen werden: „Wir neigen dazu, oft nur in Kategorien zu denken, die wir bereits kennen und bauen dabei auf Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben. Mit einer urbanisierten Universität mitten in der Stadt haben zwar gewachsene Universitätsstädte wie Marburg, Bonn, Freiburg, Göttingen oder Aachen Erfahrungen, wir aber eher weniger“, stellt der Landrat fest. Städte, die die Universitäten mitten im Zentrum integriert haben, werden ganz anders wahrgenommen als Städte mit aus- oder vorgelagerten Universitäten. „Andernorts haben sich Städte regelrecht um ihre Universitäten herum entwickelt, auch noch in jüngster Zeit, wie zum Beispiel in Greifswald“, erläutert Breuer und macht deutlich, welche Impulse von einer Universität im Stadtzentrum ausgehen können.
„Siegen ist das Oberzentrum und damit das Aushängeschild der Region. Menschen, die von außen kommen, entscheiden mit dem Blick auf das Oberzentrum, wie sie unsere Region einschätzen. Am Erscheinungsbild von Siegen hängen die Entwicklungschancen der ganzen Region. Die Etablierung des ‚Campus Siegen Altstadt’ wird maßgeblich einen positiven Einfluss auf die Ausstrahlung Siegens haben“, sind Breuer und Mues überzeugt: „Wer die Zukunft gewinnen will, muss an den richtigen Stellen Veränderungen vornehmen. Mit dem ‚Campus Siegen Altstadt’ gehen wir einen großen Schritt ins 21. Jahrhundert!“