Höchste Kreisumlage aller Zeiten Rathauschefs bemängeln Planungen des Kreises Siegen-Wittgenstein

Bild: Höchste Kreisumlage aller Zeiten Rathauschefs bemängeln Planungen des Kreises Siegen-Wittgenstein
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Höchste Kreisumlage aller Zeiten
Rathauschefs bemängeln Planungen des Kreises Siegen-Wittgenstein
 
 
Am 16. Dezember entscheidet der Kreistag über den Haushalt des Kreises Siegen-Wittgenstein für das Jahr 2017. In einem Pressegespräch äußerten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Städte und Gemeinden jetzt ihre ablehnende Haltung zu dem Entwurf und untermauern damit noch einmal ihre bereits vor einigen Wochen abgegebene gemeinsame Stellungnahme. Konkreter Anlass ist die Absicht des Kreises den Umlagesatz wegen der angekündigten Erhöhung der Landschaftsumlage  auf 40,29 Prozentpunkte anzuheben. Ursprünglich war geplant, den Umlagesatz 2016 von 39,75 Prozentpunkten beizubehalten. Als wichtigste Botschaft vorweg: Die Kernaussagen aus der gemeinsamen Stellungnahme bleiben unverändert. Darin ist vorgeschlagen, dass der Kreis die allgemeine Kreisumlage ausgehend vom Umlagesatz 2016 um 1,75 Prozentpunkte senkt. „Allein aufgrund des gestiegenen Umlagevolumens würde sich der abzuführende Betrag um 11 Millionen Euro erhöhen, wenn der Umlagesatz unverändert bleibt. Dennoch wird dem Vorschlag der Städte und Gemeinden zur Senkung nicht gefolgt, sondern stattdessen noch eine Schippe draufgelegt. Wir haben damit die höchste Kreisumlage aller Zeiten“, machen die Rathauschefs ihren Unmut deutlich. „Das führt zu weiteren Belastungen bei unserer ohnehin schon angespannten Haushaltslage. Die Folge sind steigende Liquiditätskredite und eine weitere Einschränkung der kommunalen Aufgabenerfüllung.“ Anstatt sich wie andere Kreise gegen die Erhöhung der Landschaftsumlage zu wehren, wird die Belastung einfach eins zu eins an die Kommunen weitergegeben, verweisen sie auf eine Initiative des Märkischen Kreises gegen den Haushaltsentwurf des Landschaftsverbandes.
 
Bürgermeister Paul Wagener und sein Amtskollege aus Hilchenbach, Holger Menzel, gehen noch einmal auf die geplante Umstellung der bisher vierteljährlichen auf eine zukünftig monatliche Zahlungsweise ein: „Die angekündigte monatliche Forderung der Kreisumlagezahlung ab 2017 lehnen wir vehement ab. Bislang fiel der Zahlungstermin der Kreisumlage immer mit den gesetzlichen Steuerterminen zusammen, so dass wir die erheblichen Beträge der Kreisumlage an diesen Zahlterminen zumindest teilweise aus vorhandenen liquiden Mitteln bedienen konnten. Die vom Kreis jetzt beabsichtigte Verfahrensweise soll dem Kreis eine drohende Negativverzinsung von Kassenbeständen ersparen, zwingt aber damit die kreisangehörigen Kommunen an den zusätzlichen Fälligkeitsterminen zur Aufnahme von weiteren Kassenkrediten, die bereits derzeit in Summe 360,7 Millionen Euro betragen. Weniger Liquiditätsprobleme der kreisangehörigen Kommunen würden auftreten, wenn die vier Fälligkeitstermine auf das jeweilige Quartalsende verlegt würden.“
 
Weiterer Dorn im Auge sind die weiterhin steigenden Personalkosten. Den vorgegebenen Zielwert des Ministeriums für Inneres und Kommunales überschreitet der Kreis ein weiteres Mal. „Überlegungen zur Senkung der Personalkosten sind nicht zu erkennen, stattdessen sind wieder 5,5 Personalstellen vorgesehen, im Wesentlichen begründet durch die Flüchtlingshilfe“, so die einstimmige Meinung, dass beim Personal doch Einsparungspotenzial vorherrscht.  „Auch die Kommunen haben diese Aufgabe zu erledigen“, macht es Bürgermeister Bernhard Baumann deutlich. „In Neunkirchen bauen wir permanent Stellen ab. Zehn waren es in den letzten Jahren. Auch aufgrund der Flüchtlingsthematik ist keine Stelle dazugekommen.“ Dem schließt sich Bürgermeisterin Nicole Reschke aus Freudenberg an: „Ähnlich wie Neunkirchen hat Freudenberg in den vergangenen Jahren mehr als zehn Prozent seiner Stellen nicht wiederbesetzt. Trotz steigender Aufgaben und der Flüchtlingshilfe.“  In anderen Kreisen hat z.B. der Kreistag eine Deckelung der Nettopersonalkosten beschlossen. Dies halten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auch für den Kreis Siegen-Wittgenstein sinnvoll und erforderlich.
 
Kreuztals Bürgermeister Walter Kiß  bringt die Entwicklung noch einmal auf den Punkt: „Wie in der Stellungnahme anschaulich dargestellt, hat sich der tatsächliche Haushaltsvollzug auf Kreisebene in den vergangenen Jahren regelmäßig deutlich besser als ursprünglich geplant entwickelt. Verschiedene Etatansätze werden offensichtlich zu Lasten des kreisangehörigen Raumes mehr als auskömmlich beplant bzw. mit mehr als auskömmlichen Risikoaufschlägen versehen, ohne die Städte und Gemeinden an den daraus resultierenden positiven Jahresabschlüssen teilhaben zu lassen. Nach wie vor ist auch zu vermissen, dass die Verantwortlichen auf Kreisebene bei den Aufwendungen in einem erforderlichen Maße entsprechende Konsolidierungsmaßnahmen ergreifen und sparen. Die fehlende Bereitschaft zu sparen gepaart mit der „zum Teil kommunalunfreundlichen Veranschlagungspraxis“ stellt ein „doppeltes Dilemma“ für den kreisangehörigen Raum dar, das so nicht weitergehen kann.“
 
Für die Stadt Siegen macht Bürgermeister Steffen Mues deutlich, dass der selbst auferlegte Weg, im Jahr 2022 einen ausgeglichenen Haushalt darzustellen, durch die Umlageerhöhung noch steiniger wird: „Bedingt durch die geplante Erhöhung des Umlagesatzes würde der Haushalt mit weiteren 817.000 Euro belastet. Insgesamt würde Siegen dann fast 61 Millionen Euro an den Kreis abführen. Dieses Geld müssen wir zusätzlich zu den massiven Einsparungen auch noch aufbringen.“
 
Bürgermeister Christoph Ewers aus Burbach betrachtet die gesamte Umlageentwicklung mit Sorge: „Laut unserem Haushaltsentwurf leiten wir aus Burbach rund 22 Millionen Euro an den Kreis weiter. Dieser Anteil wird sich noch erhöhen, wenn die Ankündigung wahr wird, den Hebesatz der allgemeinen Kreisumlage statt von bisher 39,75 Prozentpunkten auf 40,29 Prozentpunkte anzuheben. Insgesamt werden fast 90 Prozent der Einnahmen Burbachs wieder durch Umlagen aufgefressen. Das System krankt, insbesondere dann, wenn noch Zusätzliches erfunden wird, wie die Abundanzumlage, die über die Hälfte der Kommunen im Kreis zahlen muss, ohne dass dies bei der Kreisumlage in irgendeiner Form berücksichtigt wird.“
 
Die Wittgensteiner Bürgermeister Bernd Fuhrmann (Bad Berleburg), Dr. Torsten Spillmann (Bad Laasphe) und Henning Gronau (Erndtebrück) machen deutlich, dass auch die an den Kreis vom Land gezahlte Schulpauschale in Höhe von fast 2,7 Millionen Euro einen Beitrag zur Entlastung leisten kann: „Die Summe soll hauptsächlich investiv eingestellt werden, obwohl offenkundig keine großen Investitionen anstehen. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass die komplette Schulpauschale in den Ergebnisplan eingestellt wird. Außerdem müsste auch die Position der Gelder aus dem Programm „Gute Schule 2020“ im Haushalt zu finden sein, leider Fehlanzeige. Aus unserer Sicht kann auch das ergebnisrelevant und mindernd für die Belastungen der kreisangehörigen Kommunen aus der Kreisumlage eingesetzt werden.“ Zusätzlich bedauert es Henning Gronau, „dass durch den Kursverlust der RWE-Beteiligung im vergangenen Jahrzehnt das Eigenkapital des Kreises in großem Maße aufgezehrt wurde. Hier ist viel Spielraum verbraucht worden, den man zukünftig noch zur Verminderung der Kreisumlage hätte einsetzen können.“
 
Bürgermeisterin Christa Schuppler aus Wilnsdorf fordert die gleiche Ausgaben- und Aufgabenkritik beim Kreis wie in den Städten und Gemeinden. „Da ist kein Platz für Prestigeprojekte, auch zusätzliche freiwillige Leistungen müssen wir uns meistens verkneifen. Wir wünschen uns, dass der Kreis die gleiche Spardisziplin übt, wie wir es bereits seit Jahren praktizieren müssen, wir erwarten, dass, anstatt neue kostenintensive Ideen zu entwickeln, nach dem Rotstift gegriffen wird. Wir stehen alle für Familienfreundlichkeit in unseren Kommunen und wünschen uns auch mehr Einbindung gerade von Kindern und Jugendlichen in die Planungs- und Entscheidungsprozesse. Dennoch müssen einige Projekte kritisch hinterfragt werden, auch wenn sie oft mit dem Regionalen Entwicklungskonzept begründet werden.“ Hierzu zählt sie auch die kreiseigene Kindertagesstätte, für die offensichtlich keine Nachfrage besteht. Sehr erklärungsbedürftig findet sie auch z.B. den Neubau eines Verwaltungstraktes für neun Millionen Euro.
 
„Wir sind sehr dafür, unsere Region gemeinsam weiterzuentwickeln. Nur dafür benötigen wir einen Austausch untereinander, der verlässlich ist und eine gesunde kommunale Finanzstruktur gerade bei den Städten und Gemeinden. Die Kommunen dürfen nicht der Selbstbedienungsladen des Kreises sein. Aber nicht nur der Kreis ist aufgefordert, etwas zu tun. Der Appell geht genauso in Richtung Landes- und Bundespolitik“, so die Bürgermeister abschließend.