Stadtbaurat Michael Stojan verabschiedet

Bild: Stadtbaurat Michael Stojan verabschiedet
E84cc7ca0ab24b8.jpg – Steffen Mues

Rede des Bürgermeisters zur Verabschiedung von Stadtbaurat Michael Stojan
25. Januar 2017, Rathaus Geisweid/Großer Sitzungssaal, 11.00 Uhr

 
Sehr geehrte Damen und Herren,
lieber Herr Stojan,
 
Zeitungsüberschriften sind schon etwas Tolles: Wenn sie gut gemacht sind, schaffen sie es, in wenigen Worten so viel rüberzubringen, dass man sich entweder unheimlich freut oder unheimlich ärgert. Aber auf jeden Fall will man den Artikel darunter lesen! Im renommierten Deutschen Architektenblatt erschien im Sommer 2009 genau solch ein Titel: „Der Schöngeist und das Biest“.
 
Sie ahnen es: der Schöngeist war Michael Stojan, der wenige Monate zuvor, im Februar 2009, zum Stadtbaurat der Stadt Siegen gewählt worden war. Und das Biest… nun…das ist zum einen die HTS, die in dem Beitrag ausführlich dargestellt wird, zum anderen aber die Stadt Siegen. Deren städtebauliche Versäumnisse der Vergangenheit werden in dem Beitrag ausführlich dargestellt. Gipfelnd in der Siegplatte.
 
Glücklicherweise bleibt es nicht bei dieser Darstellung, sondern es werden auch die angestoßenen Veränderungen thematisiert und die Mission des neuen Stadtbaurats. Im Mittelpunkt hierbei: die In-Wertsetzung der Architektur der Vor- und ersten Nachkriegszeit.

Der Beitrag enthält hierzu ein schönes Zitat des neuen Stadtbaurats: „Hier [in Siegen] gab es nach den Kriegszerstörungen einen bemerkenswert qualitätsvollen Wiederaufbau. Er wird oft noch als billiger Ersatz für die Altstadt gesehen, aber damit wird er stark unterschätzt. Ich halte ihn für einen der gelungensten in Deutschland.“ Zitat Ende. Es hat schon ein paar Jahre gedauert, bis die Siegener diese oder ähnliche Aussagen von Michael Stojan nachvollziehen konnten, denn sie mussten erst lernen, mit einem positiven Blick auf ihre Stadt zu leben.

 
Wie gesagt, das Interview war 2009. Versprechungen, oder besser: eine Mission. Jetzt, in 2017, zum Ende der Amtszeit von Michael Stojan, stellen wir fest: Mission erfüllt!
 
Um dies zu belegen, müssen an dieser Stelle einige wenige Stichpunkte genügen: StadtBauKultur, Schönheit des Schiefers, Stadtbildoffensive, Siegen – Zu neuen Ufern, Integriertes Handlungskonzept, innerstädtisches Grünflächenkonzept „Grün kommt an!“, Stadtbäume, Erhaltungs- und Gestaltungssatzung für die Siegener Innenstadt, Gestaltungskompass Siegen, Handbuch Öffentlicher Raum, Fassadenprogramm für die Innenstadt.
 
Die kurze, unvollständige Aufzählung belegt auch die Richtigkeit einer These aus dem erwähnten Zeitungsartikel von 2009, die Michael Stojan wie folgt beschreibt: „Er hat Ideale mit einem Schlag ins Romantische, ist aber in der Umsetzung ganz der pragmatische Kommunalbeamte. Harmoniefördernd sind nicht Appelle und Träume, sondern Satzungen, Fördertöpfe und von der Stadt organisierte Gemeinschaftsinteressen.“ Wiederum Zitat Ende.
 
Genau so kam es in der Praxis, ablesbar auch beispielsweise am Forum Innenstadt als einem wichtigen Instrument einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit, an Bürgerwerkstätten und unzähligen Vorträgen, in Siegen und weit darüber hinaus.
 
Keine Frage: Es gab und es gibt bei einem solch konsequenten Vorgehen auch immer Widerstände, namentlich bei manchen Immobilienbesitzern. Aber das ist gar nicht schlimm, weil es ein Projekt ist, bei dem der lange Atem quasi schon eingebaut ist.
 
Das Michael Stojan für seine „Stadtbildoffensive“, unterstützt durch eine Vielzahl von Konzepten und Maßnahmen langen Atem brauchen würde, das war Michael Stojan von Anfang an aus seinen bisherigen, vielfältigen Stationen bewusst. Ob ihm bei seiner Bewerbung klar war, dass das Beharrungsvermögen des Siegerländers, speziell der in allen Parteien und in vielen Teilen der Wirtschaft vorhandenen sogenannten Betonfraktion, so groß und kompromisslos sein würde, dass der allen positiven Veränderungen entgegengeschleuderte Ausspruch "dat bruche mer net“, der wie in Stein gemeißelt als Dogma jeder neuer Idee entgegen geschrien wurde, das hat er vielleicht nicht erwartet. Aber ihm wird bei seiner Bewerbung Mut gemacht haben, dass der Veränderungsprozess in den Köpfen bereits begonnen hatte. Als wir uns das erste mal noch vor seiner Wahl kurz nach Ablauf der Bewerbungsfrist in Rheda-Wiedenbrück am Rande einer Veranstaltung verabredet hatten, berichtete er mir schon voller Enthusiasmus von seinem wenige Tage zurückliegenden Besichtigungstermin in Siegen und war begeistert von unserem Regionale-Projekt „Siegen zu neuen Ufern“ und dem geplanten Umzug der Uni ins Untere Schloss. Ihm war also erstens bewusst, dass hier jede Menge Arbeit auf ihn wartete, denn der Prozess war ja erst am Anfang, dass aber Teile von Verwaltungsspitze und Politik für einen Stadterneuerungsprozess empfänglich waren.
 
Was mir imponiert: Wie schnell und wie tiefgreifend sich Michael Stojan mit unserer Stadt identifiziert und ihre Interessen mit Leidenschaft verfochten hat. Wir alle kennen zwar seine häufigen Beitragseröffnungen: „Zu meiner Zeit in Potsdam“ oder: „Als ich in Gütersloh tätig war“, oder auch „In Gladbeck haben wir das so gelöst“…
 
Aber: Das waren nie Vergleiche, sondern nur Anknüpfungen, die sich auf evtl. nachahmenswerte Methoden und Prozesse bezogen. Nie hat er versucht, Siegen fremde Modelle aufzuzwingen, das Besondere dieser Stadt, ihre Seele nach einem fremden „Schema X“ zu „verbessern“ und damit zu überformen. Er hat immer das ganz Eigene, das Einzigartige dieser Stadt gesehen und zum Kern seiner Arbeit gemacht. Sein größtes Verdienst neben den deutlich schon heute im gesamten Stadtbild sichtbaren, positiven – einer eindeutig erkennbaren klaren Linie und Haltung folgenden – Veränderungen, ist es aber, eindeutig den Blick der Siegener auf ihre Stadt verändert zu haben. Die Siegener sehen und schätzen ihre Stadt wieder und sie sind wachsam, wenn es um Baumaßnahmen geht, die unser Stadtbild verändern.
 
Meine Damen und Herren,
von Konstantin Wecker gibt es eine Liedstrophe, in der die Sehnsucht des Sprechers nach positiver Veränderung hin zum wahren Ich auf ungewöhnliche, einprägende Weise zum Ausdruck kommt: „Liebes Leben, fang mich ein, halt mich an die Erde. Kann doch, was ich bin, nur sein, wenn ich es auch werde.“
 
Auf unsere Stadt übertragen: Auch indem es sich von manch schlechter (Bau-)Tradition, manchem Gerümpel, getrennt hat, ist Siegen unter oder besser: mit dem Stadtbaurat Michael Stojan immer mehr zu dem geworden, was es eigentlich ist: eine einmalige, unverwechselbare, liebenswerte Stadt.
 
Vielen Dank für den Anstoß zu und die Führung und Begleitung auf diesem Weg. Wir werden ihn weitergehen, versprochen!
 
Steffen Mues
Bürgermeister