Tag der Deutschen Einheit: Großer Zuspruch für Feierstunde im Ratssaal
Großer Zuspruch für Feierstunde im Ratssaal
Ein bis auf den letzten Platz gefüllter Ratssaal bezeugte auch in diesem Jahr wieder das große Interesse der Siegenerinnen und Siegener an der Feierstunde zum „Tag der Deutschen Einheit“, die im historischen Ratssaal des Rathauses Siegen stattfand. Siegen gehört zu den wenigen deutschen Städten, die die Deutsche Wiedervereinigung bewusst und im feierlichen Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung begehen.
Auch wenn in diesem Jahr keine offiziellen Vertreter aus Siegens sächsischer Partnerstadt Plauen teilnehmen konnten, spielte die „Spitzenstadt“ in der Begrüßungsrede von Bürgermeister Steffen Mues doch eine wichtige Rolle. Schließlich fand hier schon am 7. Oktober 1989, also zwei Tage vor den berühmten Ereignissen in Leipzig, die erste Massendemonstration auf dem Gebiet der damaligen DDR statt, bei der die Staatsmacht kapitulierte und zurückweichen musste. So wurde eine Welle in Bewegung gesetzt; „Wir sind das Volk“, riefen die Plauener lautstark, ungeachtet aller drohenden Repressalien – der Wille zur Veränderung und das Verlangen nach Freiheit war stärker als die Angst vor der Staatsmacht.
Mues: „Plauener sind heute leider nicht hier, aber ich möchte trotzdem über sie sprechen, über ihren Mut und ihre Entschlossenheit. Damit wir uns den Geist der damaligen Zeit vergegenwärtigen können. Das ist wichtig, denn bundesweit wird dieser Tage eher über eine andere Stadt im Freistaat Sachsen gesprochen: Chemnitz.“
Ihm sei es so gegangen wie vermutlich vielen, so Siegens Bürgermeister weiter: „Die Bilder aus Chemnitz haben mich abgestoßen. Erst fasst man sich an den Kopf, dann wird man wütend. Wütend auf diese Leute, die scheinbar nichts aus der Geschichte gelernt haben und alles mit Füßen treten, was mit bzw. seit der Gründung der Bundesrepublik aufgebaut worden ist: unsere freiheitlich-demokratische Rechtsordnung. Was für ein großes Glück, welch eine Freude, so frei und selbstbestimmt in einem Rechtsstaat wie dem Unseren leben zu dürfen!“
Die Besucher der Feierstunde forderte Mues auf, die Ereignisse als Warnsignal zu verstehen: „Demokratie ist kein Selbstläufer, sie muss immer wieder nicht nur gepredigt, sondern vorgelebt werden – ja, auch durch das Verhalten der politischen Eliten.“
Anknüpfungspunkte zu diesem Appell ließen sich in der anschließenden Festrede von Prof. Dr. Stefan Kutzner finden. Der Soziologe von der Universität Siegen sprach zum Thema „Deutschland und die nationale Identität: Zur Zukunft des antiautoritären Konsenses.“ Hierin schlug er einen Bogen von der Reichsgründung bis zur Gegenwart, immer wieder mit Bezug auf Frankreich (Kutzner promovierte über die Französische Revolution) und mit besonderem Augenmerk auf der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949. Ein großes Verdienst der Väter und Mütter des Grundgesetzes sieht Kutzner in der wichtigen Rolle, die diese dem Parlament, dem Föderalismus und beispielsweise den Verbänden und Gewerkschaften zuerkannten. Die DDR habe dagegen einen gänzlich anderen Weg beschritten und – bei überhöhtem moralischem Anspruch – etwa der Volkskammer gegenüber der Partei nur wenig praktischen Einfluss zuerkannt.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Wiedervereinigung die Trennung von Kultur- und Staatsnation aufgehoben hat und die „richtigen“, geeigneten Institutionen für das ganze Land vorhanden sind, sieht Kutzner grundsätzlich gute Chancen für eine positive Entwicklung Deutschlands – wenn sich auch kein zeitlicher Rahmen für die Lösung der aktuellen Problem benennen lasse .
Stimmgewaltig musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde, die mit dem gemeinsamen Singen der Deutschen Nationalhymne endete, von dem Männerchor Eisern unter der Leitung von Matthias Fischer.
Quelle: Stadt Siegen
Die Rede von Bürgermeister Steffen Mues lesen Sie bitte hier