Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit
In einem neuen, bewusst „offenen“ Rahmen präsentierte sich in diesem Jahr die Feierstunde der Stadt Siegen zum Tag der Deutschen Einheit. Statt wie gewohnt in den Historischen Ratssaal des Rathauses Oberstadt, lud Bürgermeister Steffen Mues am Montag, 3. Oktober 2011, erstmals in das Medien- und Kulturhaus LŸZ ein. Anstelle des Festvortrages mit Sektempfang gab es hier ab 10.30 Uhr zunächst einmal ein großes „Einheitsfrühstück“ vom Büffet. Rund 70 Interessierte – Stadtverordnete, Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie Bürgerschaft – nutzten gerne die Gelegenheit, in ungezwungener Atmosphäre miteinander ins Gespräch zu kommen.
Auch die junge Generation war gut vertreten: Mit ihrem Lehrer Sebastian Seefried und ihrem Schulleiter Wolfgang Kempf hatten 15 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Auf der Morgenröthe (Leistungskurs Geschichte der Jahrgangsstufe 12/Q1) ihre Eindrücke eines kürzlich in Berlin absolvierten Politischen Seminars, bei dem sie sich auch intensiv mit der Deutsch-Deutschen Geschichte auseinandergesetzt hatten, aufgearbeitet und dokumentiert. In Form von Texten und Bildern präsentierten sie die Ergebnisse im Foyer des LŸZ und beantworteten Fragen, bevor Bürgermeister Steffen Mues die Veranstaltung um 11.15 Uhr mit seinem Redebeitrag offiziell eröffnete.
In den Mittelpunkt seiner Ansprache stellte der Bürgermeister das Anliegen der Stadt Siegen, für das „hoch emotionale Ereignis Wiedervereinigung“ eine geeignete Form des Gedenkens jenseits erstarrter Rituale zu finden – insbesondere angesichts dessen, dass in den 22 Jahren seit dem Mauerfall eine Generation erwachsen geworden sei, die nichts anderes kenne als das wiedervereinte Deutschland.
Dass einschlägige Gedenkveranstaltungen zum Thema so wenig von Jugendlichen besucht würden, sei zwar keineswegs mit einem Desinteresse gleichzusetzen, schließlich engagierten sich die jungen Leute auf vielerlei Gebieten, über nationale Grenzen hinweg, so Mues: „Und doch würde ich mir wünschen, dass sie sich öfter bewusst machen, wie nah, wie konzentriert hier bei uns in Deutschland Recht und Unrecht, Freiheit und Unterdrückung, Macht und Ohnmacht, Mut und Resignation noch bis vor kurzem waren. Ich würde mir wünschen, dass diesen jungen Leuten bewusst wäre: Sie müssen nicht bis ans andere Ende der Welt reisen, um etwas über Bürgerrechtsbewegungen zu erfahren. Es genügt zum Beispiel einmal eine Fahrt in unsere Partnerstadt Plauen, wo die friedliche Revolution im November 1989 mit Massendemonstrationen begann!“
Die hiermit aufgeworfenen Denkanstoß einer erstmaligen „offiziellen“ Begegnung unter Jugendlichen aus Siegen und Plauen führte Steffen Mues anschließend weiter aus, indem er erklärte, dass es bei einem solchen Treffen keineswegs ausschließlich um die Aufarbeitung der gemeinsamen Vergangenheit gehen müsse, sondern ebenso um die Gestaltung der gemeinsamen – europäischen – Zukunft.
Um 11.30 Uhr startete dann im Schauplatz des Lyz der Oscar-prämierte Kinofilm „Das Leben der Anderen“ von Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck. Im Mittelpunkt des aufwühlenden Dramas: Der Staatssicherheitsapparat der DDR als Instrument des totalitären Systems und seine unmenschlichen Folgen für den Einzelnen. Die Feier klang aus mit dem Angebot an die sichtlich berührten Gäste, bei einem Getränk über das Gesehene und Gehörte zu diskutieren.